Wer eine Weiterbildungsstrategie unterkomplex anlegt, wird zu kurz springen

Martin Habersaat: Fachleute wünschen sich ein Weiterbildungsförderungsgesetz für Schleswig-Holstein. Dazu konnten sich CDU und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag leider nicht durchringen.

Martin Habersaat Bild: Jan Konitzki

Auf der Basis einer Bedarfsanalyse passgenaue und bedarfsorientierte Lösungen für die Weiterbildungslandschaft in Schleswig-Holstein entwickeln – so stellte Bildungsministerin Karin Prien sich das im November 2020 vor. Allein: So eine Bedarfsanalyse gibt es bis heute nicht, und entwickelt wurde bislang auch nichts. Zu Perspektiven für die Weiterbildung in Schleswig-Holstein und die Antworten der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 20/881) sagt Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion:

 „Fachleute wünschen sich ein Weiterbildungsförderungsgesetz für Schleswig-Holstein. Dazu konnten sich CDU und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag leider nicht durchringen. Immerhin: In Aussicht gestellt werden eine „umfassende Weiterbildungsstrategie“ und deren „gesetzliche Normierung“. Federführend ist das Wirtschaftsministerium, was vielleicht die etwas alleinstehenden Äußerungen der Bildungsministerin erklärt. Irgendwann 2024 soll dann eine Strategie vorliegen. Wir werden also noch lange warten müssen. Das ist ebenso bedauerlich wie der Umstand, dass das Wirtschaftsministerium das weite Feld der Weiterbildung in seinen Überlegungen auf berufliche Zusammenhänge reduziert.

Da ist mehr. Grundbildung und Weiterbildung sind für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig. Da ist die Demographie. Die Gesellschaft wird älter und Weiterbildung ist eine Möglichkeit, im Alter vernetzt und aktiv zu bleiben. Da ist die Digitalisierung. Viele Vorgänge sind nur noch oder bevorzugt digital zu erledigen, das geht schon bei der Terminvergabe für die Verlängerung des Personalausweises los. Wie schaffen wir es, alle auf diesem Weg mitzunehmen? Da ist die Migration. Menschen kommen nach Deutschland und wir brauchen sie dringend. Allerdings vor allem mit deutschen Sprachkenntnissen. Kann die deutsche Sprache überall und ohne große Hürden erlernt werden? Da ist der Klimawandel: Wo kann ich mich fortbilden, wenn ich mir über die Heizung der Zukunft Gedanken mache? Wer hilft mir, meinen ökologischen Fußabdruck zu verkleinern? Da sind die großen Aufgaben für die politische Bildung in Zeiten von Populismus und Querdenkertum.

Wichtig ist, auch die Volkshochschulen in diese Strategie einzubinden. Diese sind in der Fläche vertreten und können bei der Grundversorgung mit Weiterbildung helfen. Wer eine Weiterbildungsstrategie unterkomplex anlegt, wird sicher zu kurz springen.“

Martin Habersaat